bild zidzdv

Zurück in die Zukunft der Vergangenheit – Metropolis

Sandra von Booknapping und ich haben das Blogstöckchen „Zurück in die Zukunft der Vergangenheit“ gestartet. Worum es dabei genau geht könnt ihr bei Sandra oder hier nachlesen. Kaisu von life4books hat bereits einen ersten Beitrag zu Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“ geschrieben. (Zu dem es hier übrigens auch eine Rezension von mir gibt.) Aber nun möchte ich selber die Fragen beantworten. Ausgewählt habe ich mir Thea von Harbous Metropolis von 1926. Das Buch ist die Grundlage für den weltweiten Klassiker und Monumentalfilm Metropolis von 1927.

Welches Buch hast du in welcher Ausgabe gelesen. Nenne AutorIn / Titel / Verlag / ggf. ÜbersetzerIn / Erstveröffentlichung im Original / Veröffentlichungsjahr deiner Ausgabe / Sprache

Thea von Harbou
Metropolis
Ullstein Verlag
Erstveröffentlichung 1926. Meine Neuausgabe ist von 1984.
Deutsch

Wie hoch ist der Anteil an Science Fiction-Literatur an deiner Lektüre der letzten zwölf Monate. Du darfst schätzen

Da Science Fiction Literatur definitiv zu meinen Vorlieben zählt, bin ich mittlerweile wohl bei einem Drittel bis zur Hälfte angelangt. Eigentlich wollte ich ja zugunsten anderer Genres weniger SciFi lesen, aber ich hab das Gefühl es wird eher mehr.

Warum hast du ausgerechnet dieses Buch gewählt?

Ich habe vor kurzem endlich die restaurierte und um 24 Minuten längere Version des Films von Fritz Lang gesehen. Und das ist einfach ein Meisterwerk, eine Meilenstein und visionäre Filmkunst. Obwohl es ein Stummfilm ist, ist er nicht eine Sekunde langweilig. Und da ich den Film grandios finde, war es notwendig auch endlich einmal das Buch zu lesen, um zu sehen, ob nicht die alte Regel gilt: Das Buch ist besser als der Film.

Welche Teile der Story machen diese zu einem Science Fiction-Roman? Welche Thematiken werden behandelt?

Tatsächlich weitaus weniger als ich nach dem Film gedacht hatte. Der Film greift da erheblich mehr Ideen auf. Nichts desto trotz ist natürlich das Kernelement von Metropolis ein vollkommen menschlich aussehender Roboter bzw. im Sprachgebrauch des Romans: Maschinenmensch. Das ist natürlich sehr futuristisch gewesen. Allerdings war es weniger visionär, als der Film, denn Roboter oder Maschinenmenschen waren zu dem Zeitpunkt bereits Teil der Unterhaltungsliteratur. Aber das Androiden Thema ist ja nicht zuletzt durch die Fortsetzung von Blade Runner wieder hoch aktuell.

Daneben sind Massengesellschaften und Megacitys thematisiert. Metropolis hat zum Beispiel etwa 50 Millionen Einwohner. Allerdings werden die Konsequenzen moderner Städte, Innovationen und Erfindungen ansonsten kaum gedacht, eher sogar im Gegenteil. Die Maschinen, die die Metropolis am Laufen halten und die Arbeiterheere versklaven sind zeitgenössischer Art oder sogar angelehnt an die industrielle Revolution und den Fordismus.

Gab es Elemente, die zum Zeitpunkt des ersten Erscheinen des Romans noch als „Zukunftsmusik“ galten, heute aber in der genannten oder ähnlichen Form üblich, vielleicht sogar völlig normal oder auch schon wieder überholt sind?

Androiden sind immer noch nicht Teil unseres Alltags, auch wenn die Roboterisierung natürlich mächtig zunimmt. Und auch Megacitys mit 50 Millionen Einwohnern gibt es glücklicherweise noch nicht. Die größten Städte sind Shanghai und Peking mit über 20 Millionen Einwohnern. Was ja auch schon kaum vorstellbar ist.

Letztlich sind die Kernelemente von Metropolis also immer noch Zukunftsmusik.

Erkennst du Parallelen zu anderen Romanen, Comics, Filmen oder Serien und falls ja, welche sind es?

Das ist unmöglich hier aufzuzählen. Roboter, Androiden, Cyborgs sind eines der klassischen Themen von Science Fiction Literatur. Selbst Blade Runner nimmt die Kernelemente Großstädte und Androiden auf.

Bist du neugierig geworden auf die Thematik oder die AutorIn? Möchtest du dich weiter damit beschäftigen, vielleicht in Form von weiteren Romanen, Sekundärliteratur oder auch anderen Medien?

Wie gesagt bin ich ja bereits großer Fan des Films, weshalb ich mir auch einiges an Sekundärliteratur dazu besorgt habe, Aber auch Thea von Harbou hat mich überrascht und überzeugt. Insofern bleibt es sicher nicht das letzte Buch von ihr im Regal.

Hältst du den Roman für empfehlenswert? Falls ja, wem würdest du ihn empfehlen und warum? Falls nein, warum nicht?

Für SciFi Nostalgiker ist es natürlich Pflichtlektüre. Aber auch die Sprache ist toll zu lesen, denn es gibt natürlich schon Unterschiede und Entwicklungen im Sprachgebrauch der letzten 90 Jahre. Ich finde so etwas immer äußerst spannend. Wer allerdings auf moderne Action steht, wird natürlich enttäuscht werden. Auch wenn der Roman damals als stakkatohaft actiongeladen galt – mit unseren heutigen Lese- und Sehgewohnheiten ist er es ganz gewiss nicht mehr.

Hattest du besondere Erwartungen an das Buch oder sogar Befürchtungen? Wenn ja, welche waren dies und wurden sie erfüllt beziehungsweise im Falle von Befürchtungen, bestätigt?

Ich hatte natürlich gehofft, dass das Buch ergiebiger ist als der Film, das noch mehr Geschichte erzählt wird und das noch mehr Science Fiction Elemente vorkommen. Der letzte teil ist, wie bereits erwähnt, leider enttäuschend. Der Schwerpunkt liegt ganz klar auf den gesellschaftlichen Zusammenhängen, Bedingungen und Veränderungen. So gesehen ist es eher ein Gesellschaftsdrama mit reichlich Gesellschaftskritik. Aber die Geschichte ist fantastisch, sowohl im utopisch-dystopischen Sinne, als auch sprachlich und im Sinne der Gesellschaftskritik. Allerdings und das muss dazu gesagt werden, liegt wie immer alles im Auge des Betrachters. Denn die zeitgenössische Kritik an Film und Roman war vernichtend.