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Wie der Löwe an den Himmel kam

Der Winter mit seinen eiskalten, aber dafür klaren Nächten lässt uns die Sterne wieder so deutlich erleben, wie sonst kaum im Jahr. Auch wenn die Lichtverschmutzung an den meisten Orten die Anzahl der sichtbaren Sterne arg reduziert. Nichtsdestotrotz reicht häufig der einfache Blick in den Himmel, um eine Fülle an Sternen zu sehen. Den Großen Wagen können dabei die meisten ohne weiteres entdecken. Dass es sich beim Großen Wagen aber gar nicht um ein Sternbild, sondern um einen Asterismus handelt, wissen hingegen schon weniger. Denn der Große Wagen ist nur ein Teil des Sternenbildes Großer Bär. Aber warum heißt der Große Bär eigentlich so und ist es nicht eher eine große Schöpfkelle oder gar sieben Ochsen? Die Astronomin Susanne M. Hoffmann, Spezialistin für Wissenschaftsgeschichte und Didaktik, widmet sich in „Wie der Löwe an den Himmel kam“ der Entstehungsgeschichte der Sternbilder.

Dabei handelt es sich nicht um einen Atlas für Sternenbilder und es ist auch kein Buch zur Einführung für interessierte Kinder oder Jugendliche. Wie Susanne Hoffmann auf ihrem Blog klarstellt, ist es ein Fachbuch, dass sich mit der „wahren Geschichte der Sternbilder“ auseinandersetzt. Man sollte also schon ein weitgehenderes Interesse an Astronomie haben. Hoffmann selbst hat es sogar vornehmlich für Planetariumspräsentator*innen geschrieben.

„Anlass meines Wunsches, dieses Buch zu schreiben, war meine Beobachtungen in hochmodernen Planetarien, dass wir dort oft noch immer die gleichen Bemerkungen zu den Sternbildern machen wie Joh. E. Bode 1801 in seiner dreisprachigen Uranographia und 1782 bis 1805 in seinem populärwissenschaftlichen Werk zur „Kenntniß des gestirnten Himmels“ geschrieben hatte.“
Sternbild ursa major

Sternbild Ursa Major

Die wahre Geschichte der Sternbilder

Wenn man dies berücksichtigt und dementsprechend auch nicht mit falschen Erwartungen an das Buch herantritt, dann erhält man eine äußerst profunde Entwicklungsgeschichte der Sternbilder. Das Buch beginnt mit einer allgemeinen Einführung, die bereits mit dem Sprachstil verdeutlicht, dass es sich hier um ein Werk für Hobby- oder Berufsastronom*innen handelt. Allerdings ist es auch für Kultur- oder Sozialwissenschaftler*innen durchaus interessant, handelt es sich bei der Geschichte der Sternbilder doch auch immer zugleich um die Geschichte der Gesellschaften und Kulturen, die diese Bilder benannten und prägten. Leider merkt man gerade an der Einführung, dass das Buch etwas mit der heißen Nadel gestrickt wurde.

Oder wie es Hoffmann eingesteht:

„Künftige Auflagen werden ggf. gewiss noch Überarbeitungen enthalten – nicht nur, weil die Forschung weitergeht, sondern auch, weil unter dem Zeitdruck einer solchen Produktion mal Einzelteile “verdreht” angekommen sein werden“

Der Kern des Buches liegt aber natürlich in der Historie der einzelnen Sternbilder. Untergliedert nach Jahreszeiten werden die 88 internationalen Sternbilder im Detail erläutert. Dabei beinhaltet das Sternbild Argo die vier Sternbilder „Achterdeck des Schiffes, Kiel des Schiffes, Segel und Schiffskompass“, so dass letztlich 85 mal die „historische Entwicklung der Figur“ und der „Mythos“ zum Sternenbild dargelegt werden. Was bedeutet, dass der Ursprung meist babylonisch oder griechisch ist und zu der Bildgebung auch eine entsprechende Sage gehört. Hinzu kommen die wesentlichsten Fakten, wie der hellste Stern, Größenrang, Fläche am Himmel und natürlich der Zeitpunkt der besten Sichtbarkeit.

Von Mustern und Mythen

Unsere Sternbilder sind im Wesentlichen durch Babylonier und Griechen bzw. Römer geformt. Hoffmann gibt jeweils einen kurze aber präzisen Einblick in die Entwicklungsgeschichte der jeweiligen Bilder und den derzeitigen Kenntnisstand der Forschung. So dienten Sternbilder den frühen Zivilisationen und noch Jahrhunderte danach sowohl als Wegweiser als auch als Zeitanzeiger. Orientierung in Ort und Zeit waren überlebenswichtig, weshalb jede*r das „Lesen“ der Sternbilder lernen musste, der sich auf Reisen begab oder Felder bewirtschaften wollte. Um sich die vielen verschiedenen Muster einfacher merken zu können, entwarf man quasi „Eselsbrücken“ – die Sternbilder. Und um nicht nur die Muster zu erkennen, sondern diese auch besser zu erinnern, entspannen sich um die Konfigurationen die diversen Sagen und Mythen.

Wie wurde aus einzelnen Punkten am Himmel ein Sternbild (hier Orion), wo doch die Linien beliebig gedacht sind?

Alle Sternbilder sowie die Einleitung sind umfangreich illustriert, wobei der Illustrator Kay Elzner für die Sternbilder eine sehr schöne und für den Kontext des historischen Atlas äußerst stimmige Darstellung gewählt hat. Zu Beginn der Kapitel gibt es dann noch eine Himmelskarte die die Sternbilder in ihrer Positionierung zueinander und in etwa zum Beobachter wiedergibt. Wobei dies natürlich nicht eine „echte“ Sternenkarte ersetzt. Der Schwerpunkt liegt hier ja nicht auf der Beobachtung, sondern auf der Genese der Bilder. Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche Bilder, die den historischen Kontext betonen oder den Sternbildern Leben einhauchen sollen. Hier muss man allerdings sagen, dass die Bildauswahl nicht immer allzu schlüssig erscheint.

Insgesamt ist es, trotz minimaler Kritikpunkte an Einführung und Bebilderung, ein wundervolles Kompendium zur Entstehungsgeschichte der Sternbilder, das kaum Wünsche offen lässt.

 

Mehr Informationen inklusive Leseprobe gibt es direkt bei Kosmos.

 

Wie der Löwe an den Himmel kam. Auf den Spuren der Sternbilder. Book Cover Wie der Löwe an den Himmel kam. Auf den Spuren der Sternbilder.
Susanne M. Hoffmann
Sachbuch
Kosmos
14. Oktober 2021
Gebundene Ausgabe | 86 Farbfotos, 21 SW-Fotos, 149 Farbzeichnungen, 10 SW-Zeichnungen
208
https://www.kosmos.de/buecher/ratgeber-naturfuehrer/astronomie/sternfuehrer-sternkarten/11839/wie-der-loewe-an-den-himmel-kam
30,00 €
978-3440172513

Wundervolles, profundes Kompendium zur Entstehungsgeschichte der Sternbilder