Der Fluch der Goldenen Stadt

Yrrkand – die Monstermetropole im Irgendwo. Eine Stadt wie ein Moloch. Mittendrin Simon da Laxo, Protagonist von „Der Fluch der goldenen Stadt“ und seines Zeichens polizeilicher Ermittler mit Hang zum Alkohol und nennen wir es unkonventionellen Methoden. John McClane wäre jedenfalls vor Neid erblasst. Ganz dem Genre Thriller und Krimi verbunden folgt ein verworrener Auftrag einer unheimlichen und attraktiven Auftraggeberin. Es kommt wie es kommen muss, brutale Morde reihen sich aneinander, eine Hetzjagd folgt der nächsten, zahlreiche sich gegenseitig bekämpfende Fraktionen tauchen auf und da Laxo stolpert durch die Ermittlungen und verursacht Chaos und muss, natürlich, nebenbei die Welt retten. Klingt abgedroschen und doof? Ist es aber nicht, sondern es ist ein grandioser Roman, der mit den Klischees der 80er und 90er Jahre spielt. Sie alle vermengt, neu arrangiert und eine herrliche Reminiszenz an die Actionfilme jener Zeit beschreibt.

Sascha Rimpl kann schreiben und dass sogar richtig gut. Es hat ein klein wenig gedauert meine anfängliche Skepsis zu überwinden, aber und das muss man erst mal schaffen, dies gelingt Rimpl ausgezeichnet. Hat man sich erstmal eingelassen auf das Setting, auf eine Welt der trashigen 80er, 90er Jahre B-Movies, dann kann man richtig viel Spaß haben. Hohe Literatur darf man nicht erwarten. Hier wird auch kein Genre revolutioniert und kein neuer Stern geboren. Aber einer der ganz großen Science Fiction Klassiker Edmond Hamilton hat fast ausschließlich Pulp geschrieben. Unterhaltungsliteratur. Und er hat uns immerhin Captain Future hinterlassen.

Riesenspaß für Kassettenkinder

Rimpl hat einen fantastischen Mix kreiert. Steam- und Cyberpunk, etwas SciFi, Dystopie und Endzeitstimmung – alles in den großen Mixer und rausgekommen ist eine durch und durch unterhaltsame Show. Eine spannende Rahmengeschichte, actionreiche Szenen, lustige Dialoge, haufenwiese gute Ideen des Worldbuilding und was mich besonders fasziniert hat, eine Händchen für Namen und Begriffe. Und das macht eine ganze Menge subtile Stimmung des Romans aus.

cyberpunk_city

Simon da Laxo richtet sich meines Erachtens definitiv an die Generation der sogenannten Kassettenkinder. Also an Menschen, die in den 80er Jahren ihre Kindheit und in den 90ern ihre Jugend erlebt haben. „Der Fluch der Goldenen Stadt“ ist trashige Action im besten B-Movie-Style. Eskapismus ohne jeden negativen Anklang. Simon da Laxo ist für mich eine Mischung aus Bruce Willis und Harrison Ford. Typ abgerockter, dem Alkohol zugeneigter Haudegen. Yrrkand erinnert mich an das Los Angeles aus Blade Runner oder der Marsuntergrund aus Total Recall. Die Sprüche, der Stil, das ganze Setting wirkt wie ein Mix der besten Klassiker des B-Movies. Allerdings, und das macht Rimpls Roman dann auch wirklich gut, ohne sich ernst zu nehmen. Eine ordentliche Portion Selbstironie schwingt ständig mit und auch der Protagonist da Laxo wandelt immer auf der Borderline zwischen harter Hund á la Arnold Schwarzenegger und Frank Drebbin.

Solperfalle Sprachbild

Einer meiner Hauptkritikpunkte bei Indieautoren und Self-Publishing findet sich allerdings auch hier wieder. Das Stilmittel der bildhaften Figur, hier im Besonderen Metapher und Allegorie (beides Spielarten der Tropen und Sprachbilder). Es wird also versucht, einen Begriff durch einen bildhafteren zu ersetzen oder einen Sachverhalt anschaulicher darzustellen. Ist das gut gemacht, fällt einem dieses Stilmittel gar nicht auf, sondern integriert sich in den Flow des Textes. Manchmal holpern die Sprachbilder aber etwas und manchmal kommen sie mit dem Holzhammer dermaßen gezwungen daher, dass der Autor sie besser weggelassen hätte.

„Ich fühlte mich so atemlos wie eine Ratte auf dem Grund des Ozeans.“ Uff.

„Ein Augenblick Stille folgte, in dem man eine Küchenschabe hätte furzen hören können.“ Doppel-Uff.

Zum Glück für die Leser*innen sind diese Stilmittel nur am Anfang so gekünzelt, später schreibt sich Sascha Rimpl offenbar etwas frei, so dass alles runder wirkt. Zum Ende hin werden die Metaphern sogar richtig gut, so dass man sich fragt, warum die ersteren nicht überarbeitet wurden.

I had too much too drink last night

Das einzige, was also wirklich stört ist Simon da Laxos Alkoholkonsum Der gerät nämlich zu massiv, um ihn nicht als schweren Alkoholismus abzutun, was dann wiederum eindeutig zu banal behandelt und auch in seinen tatsächlichen Auswirkungen nicht wirklich berücksichtigt wird. Sascha Rimpl beschreibt den Alkoholkonsum seines Protagonisten dagegen eher wie einen Spleen und nicht wie eine schwere Krankheit, die das Handeln und die Wahrnehmung eines Menschen fundamental beeinflusst. Das ist deshalb verwirrend, da sich Rimpl ansonsten als durchaus geschulter Beobachter der menschlichen Psyche beweist.

Der Anklang an die Erzählweise der 80er darf hier nicht trüben. Natürlich gab es damals reihenweise Antihelden mit einem ordentlichen Hang zum Whiskey, aber da Laxo ist da eben um einiges drüber. Sei‘s drum. Das ist kein Punkt, der die Geschichte ernsthaft trübt, es ist nur zu viel des Guten bzw. Schlechten.

Grandioses Unikat

Am Ende, und das ist was wirklich zählt, hat mich „Der Fluch der goldenen Stadt“, hervorragend unterhalten. Es ist schon großartig, wie sehr Rimpl es geschafft hat, diese Oldschool-Erzählweise einzufangen und gleichzeitig in ein Setting zu transformieren, das man auch heute noch gerne liest. Die Ideen sind vielfältig und die Reverenzen an Helden unserer Jugend sind fantastisch gelungen. Was in den 90ern natürlich nicht fehlen durfte, war das Genre des Slashers. Und so wäre die Ehrerbietung an die Großen nicht vollständig, würde Rimpl darauf verzichten. Deshalb sei vor dem Ende etwas gewarnt. Aber was wäre eine Würdigung der 90er ohne Einbeziehung von Peter Jacksons Ursprünge.

Ödland

Wer also mal wieder so richtig Lust hat abzuschalten und sich in einen Nostalgierausch begeben möchte, der kann, ja muss hier zugreifen. Sascha Rimpl hat hier definitiv ein Alleinstellungsmerkmal.

 

Der Fluch der Goldenen Stad Book Cover Der Fluch der Goldenen Stad
Sascha Rimpl
Independently published
14.06.2019
446
12,99€ (Taschenbuch) | 3,99€ (E-Book)
9781072951919

Rock Hard Simon. Grandiose Unterhaltung und Reverenz an die 80er und 90er.