Science-Fiction:
Phillip P. Peterson
Preis:
10 €

Rezension von:
Bewertung:
5
6. Februar 2017
Letzte Änderung:18. November 2017

Der beste Nahe-Zukunft Science-Fiction seit Daniel Suarez

Paradox. Am Abgrund der Ewigkeit.

Man muss schon einen besonders schlechten Tag erwischt haben, um als Astronaut in die Geschichte der Menschheit einzugehen, der die Weltraumstation ISS zerstört hat. Zwar ist es nicht Ed Walkers Schuld, aber wer den Schaden hat braucht für den Spott nicht zu Sorgen. Trotz seines hohen Alters bietet sich dann überraschend die Möglichkeit doch noch einmal als Kommandant an einer Weltraummission teilzunehmen. Die beste Gelegenheit, um die letzte Mission in der Erinnerung auszutilgen und doch noch positiv in die Geschichtsbücher einzugehen. Schließlich ist es eine Reise zum Rand des Sonnensystems.

Paradox ist dabei keine klassische Science Fiction mit weit vorausliegender Zukunft. Vielmehr geht es bei Peterson um eine nahe Zukunft. Klar, ein Roman kommt natürlich nicht ohne die ein oder andere Zuspitzung und Übertreibung aus, aber der Rahmen und die grundlegenden Ideen setzen an der Gegenwart an, was sich schon allein bei der Existenz der ISS zeigt. Auch wenn die gerade in ihren letzten Atemzügen liegt.

Peterson ist ein profunder Kenner der Materie, der als Ingenieur für Satellitenprogramme und Autor wissenschaftlicher Veröffentlichungen, seinen Gegenstand genau kennt. Das macht auch einen Großteil des Reizes von Paradox aus. Zu keiner Zeit hat man das Gefühl, die Beschreibungen des Astronautendaseins seien erfunden. Sie wirken vielmehr als direkt erfahrbare Geschichte. Genauso muss es sich anfühlen in einer Raumstation, auf einem Raumschiff.

Paradox ist beste Unterhaltung, die auf den lang erwarteten Höhepunkt gemächlich zusteuert und dabei den Spannungsbogen ausreizt ohne ihn zu überreizen. Der Klappentext fragt: „Sind die Menschen bereit für die Wahrheit?“ Das muss jeder für sich selbst herausfinden. Die „Auflösung“ hat mich zwar wenig überzeugt, das hat der Unterhaltung aber keinen Abbruch getan. Und das letztliche Ende ist wieder ganz nach meinem Geschmack.

Deshalb verzeihe ich Peterson auch einige Abschnitte, die dann doch zu arg männlich nerdig sind oder die, wenn man es genau nimmt, ziemlich konstruiert sind, um die Geschichte am Laufen zu halten. 60jähriger Kommandant? Unüberwindbarer Psychologe? Er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand so fair war, „nicht einmal eine Frau“. Und die Biowissenschaftlerin hat natürlich Krimis und Frauenromane auf ihrer Festplatte – WTF? Die Ausführungen zur Political Correctness sind dann auch eher albern, ähnlich der unsinnigen Aussagen zur Geo- und Machtpolitik. Aber dass ein Ingenieur nicht weiß, was alles aus Erdöl hergestellt wird, dass lässt dann doch zweifeln. Seis drum, wir reden hier schließlich von Belletristik. Und man bekommt mit Paradox beste Unterhaltung.

 

Phillip P. Peterson
Paradox – Am Abgrund der Ewigkeit
Bastei Lübbe
Taschenbuch
Science Fiction Romane
478 Seiten
ISBN: 978-3-404-20843-2
Ersterscheinung: 10.12.2015
10 €