SciFi Thriller:
Stephan R. Meier
Preis:
13 €

Rezension von:
Bewertung:
3
17. Februar 2017
Letzte Änderung:18. November 2017

Solide Dystopie mit Mängeln

NOW – Du bestimmst, wer überlebt

Stephan R. Meier dreht in NOW den Slogan der „Occupy Bewegung“ um. Er schreibt nicht von den 99%, sondern von den 1%. Ok, nicht nur die ein Prozent der Reichen, sondern quasi die ein Prozent der Überlebenden. Und damit wäre bereits reichlich Spannung aufgebaut.

Was für die Welt schlecht ist, ist zumindest für den Büchermarkt eine Belebung. In Zeiten der Trumps, Le Pens, Orbans, Höckes und Petrys boomt das Segment der SciFi Dystopien. Dabei sind die Dystopien mal mehr und mal weniger dicht an unserer Gegenwart orientiert. Stephan R. Meier hat einen Thriller vorgelegt, der an der Schnittstelle zwischen „Das ist doch jetzt schon so“ und Futurismus angesiedelt ist. Im Kern geht es um die nicht ganz so neue Idee der Maschinenherrschaft. Seit SkyNet eher Popkultur denn innovativ. Bei Meier bildet die künstliche Intelligenz allerdings nicht die Hintergrundstory, sondern ist der zentrale Erzählstrang an dem sich die verschiedenen Protagonisten ausrichten. Somit ist es eher eine warnende Zukunftsvision, die an den Figuren, gesellschaftliche wie individuelle Wandlungen durchspielt.

Manko ist dabei, dass die Personen dadurch nicht gerade an Tiefe und vor allem Glaubwürdigkeit gewinnen. Das ein oder andere Logikloch wird jedoch durch die durchaus spannende Geschichte des Superalgorithmus NOW zugedeckt. Ob das am Ende reicht, ist allerdings Geschmackssache. Wer konsistente Geschichten mit glaubwürdigen Charakteren möchte, wird wohl enttäuscht werden. Auch scheint sich Meier zu sehr auf das Technische und die möglichen Folgen für die Menschheit in Gänze konzentriert zu haben, denn dabei sind ihm zahlreiche Details entgangen. Eine gesellschaftliche Umwälzung im revolutionären oder katastrophalen Ausmaß, ohne ein einziges Mal das Militär zu erwähnen, ist mindestens seltsam, um nicht zu sagen, grob vereinfacht.

Das Buch hat es allerdings auch nicht leicht, denn der Verlag hat dem Buch und damit dem Autor keinen Gefallen getan. Weder ist der Untertitel passend, noch ist der Klappentext geeignet frustfreies Lesen zu bewerben. Denn der Untertitel „Du bestimmst, wer überlebt“, mag zwar als Kaufanreiz dienen, erhöht gleichzeitig aber die Enttäuschung des Lesers, der sich davon hat locken lassen. Denn genau genommen ist der Untertitel gleich mehrfach falsch. Der mit Du angesprochene Leser entscheidet nichts und in der Geschichte geht es nur peripher um den so prominent hervorgehobenen Entscheidungsprozess. Manchmal ist weniger mehr und würde wohl auch für wohlwollendere Bewertungen sorgen. Um es mal mit dem Soziologen Detlev Claussen zu sagen: „Das ist wie ein Fallrückzieher aufs Tor im eigenen Strafraum. Das bringt doch nichts.“

Damit allerdings nicht genug, ist auch der Klappentext eine Irreführung. Denn das dort Beschriebene hat einen Anteil von vielleicht 10 Prozent an der Gesamtgeschichte. Hinzu kommt, die vollkommen falsche Zeile: „Damit beginnt Sparks Kampf.“ Das mag zwar irgendwie stimmen, trefflicher wäre dennoch gewesen: „Damit endet das Buch.“ Und es sind auch diese 10 Prozent, die das Buch erheblich runterziehen. Denn Anfang und Ende sind ziemlich lieblos, uninspiriert, geradezu trivial. Besonders das Ende ist dermaßen abrupt und enttäuschend, das allein dadurch keine wirklich positive Bewertung möglich ist. Was war da los? Termindruck? Fast wirkt es so, als hätte Stephan R. Meier eine tolle Idee zu einem dystopischen Thriller gehabt, aber irgendjemand war der Meinung, das müsse noch mit einer Endzeit-Action-Sequenz gerahmt werden. Nur ist Meier eben kein Action-Autor. Und das merkt der Leser dann auch leidsam.

Insgesamt ist das dann wiederum sehr schade, denn die restlichen 90 Prozent des Buches, die Erzählung um die Geschichte von Now ist wirklich spannend und flüssig erzählt. Über den Realismus ließe sich wiederum trefflich streiten, da sind andere Autoren sicherlich einerseits innovativer und andererseits erheblich profunder, was die technischen, sozialen und psychologischen Kenntnisse angeht. Dennoch würde die Hauptgeschichte aufgrund ihres Spannungsbogens von mir vier Punkte bekommen. Man erhält einen soliden SciFi-Thriller. Und angesichts des Erstlingswerks von Meier in diesem Genre, ist da bestimmt auch noch mehr zu erwarten. Die Mängel, insbesondere die geschaffene Erwartungshaltung beim Leser, mangelnder Anfang und hochgradig enttäuschendes Ende (auch sprachlich), lassen allerdings lediglich eine Bewertung von drei Punkten zu.

 

Mehr Informationen direkt beim Penguin Verlag.

Stephan R. Meier
NOW Du bestimmst, wer überlebt.
Paperback, Klappenbroschur
432 Seiten
€ 13,00
ISBN: 978-3-328-10049-2
Verlag: Penguin
Erschienen: 09.01.2017