Das Buch der fünf Ringe
Anaconda hat wirklich schöne Bücher im Programm. Aber dieses hier ist vollkommen absurd. Offensichtlich feiern irgendwelche gewaltaffinen Manager japanische Samurai ab, weil sie in die alten Texte ihre eigene menschenverachtende Lesart hineininterpretieren. Ganz so wie Musashi den Buddhismus verbiegt, damit er sein Tötungsgeschäft damit in Einklang bringen kann. Apropos Buddhismus, der kommt, ebenso wie der im Klappentext genannte Daoismus auf den ersten knapp 115 Seiten überhaupt nicht vor. Denn Musashi hat es nicht so mit Philosophie. Der möchte nur erklären, wie man jemanden besonders gelungen mit einem Schwert töten kann. Mag sein, dass jemand der Kendo betreibt, noch irgendetwas aus diesem Büchlein herausziehen kann, obwohl ich auch das erheblich bezweifele. Kampfsportler, die meinen, hier irgendwelche Lehren zu entdecken, sind jedenfalls auf einem üblen Holzweg. Dabei bieten Buddhismus und vor allem Daoismus durchaus einige bedenkenswerte Ansätze, die den verschiedenen Kampfsportlern nützlich wären.Mir ist es ein völliges Rätsel warum Musashi dermaßen gehypt wird. Der Verlag verbrämt den Inhalt dann werbetechnisch mit „Sein »Buch der fünf Ringe« ist ein Klassiker zum Thema Konfliktbewältigung und Strategie.“ Aha. In der Einleitung steht dann hingegen: „Das Buch … ist ausschließlich der pragmatischen Kriegs- und Kampfesführung gewidmet. … Stattdessen richtet der Autor sein Hauptaugenmerk auf die Psychologie und die Physis des tödlichen Angriffs…“ Da fühle ich mich als Leser schon ein wenig in die Irre geführt.
Das Buch des professionellen Tötens
Das Buch strotz jedenfalls nur so von Allgemeinplätzen. Hilfreich ist das überhaupt nicht. Dafür kann aber jeder hineinlesen was er gerade will. Wer der Meinung ist, dass professionelles Töten heute noch Vorbild sein kann, bitte sehr. Für mich ist diese militaristische und martialische Weltsicht nicht nur anachronistisch, sondern wesentliches Übel dieser Welt. Gegen die sich im Übrigen Buddhismus und Daoismus eindeutig aussprechen. Aber jedem gewalt- und kriegslüsternen Kämpfer ist ja noch immer eine Interpretation eingefallen, um das eigene Handeln als gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Und wem nichts eigenes einfällt, der holt sich eben Inspiration bei alten Samurai.
„Seine Wissenschaft der Aggression und der Gnadenlosigkeit (sic!) ragt als höchst konzentriertes Musterbeispiel der Samurai-Philosophie hervor.“ Echt jetzt? Gnadenlosigkeit als Vorbild? Nun gut, das passt natürlich einigen Managern in ihr menschenfeindliches materialistisch-kapitalistisches Weltbild. Ist man also auf der Suche nach Hinweisen wie man sein Schwert richtig hält und wie man z.B. die Arme des Gegners abhackt, der wird bei Musashi fündig. Für alles andere gibt es hunderte besserer Bücher.
Das Buch, das keiner braucht
Im zweiten Teil des Buches findet sich dann ein weiterer Schwertmeister. Der Verlag: „Ergänzend widmet sich Munenoris »Buch der mit der Kriegskunst verwandten Traditionen« den ethischen und spirituellen Einsichten des Taoismus und Zen, sofern sie speziell den ›bushi-do‹ (Weg des Kriegers) berühren.“ Zugegeben Munenori beschäftigt sich immerhin mit Buddhismus und Daoismus. Aber mal ehrlich, es gibt nichts was dieser Samurai dazu zu sagen hat, was es nicht woanders, auch und gerade bei Anaconda, weitaus besser zu lesen gibt. Nichtsdestotrotz ist der zweite Teil weitaus besser.
Dieses kleine gewaltgeile Büchlein ist jedenfalls eine reine Enttäuschung. Vielleicht passt es aber auch wieder ganz gut in unsere Zeit, in der sich Macht und Gewalt wieder einmal ausbreiten und ein großes Publikum finden.
Mehr Informationen direkt bei Anacaonda.

Weisheit der Welt (10)
Sachbuch
Anaconda
24. Januar 2022
Hardcover
192
https://www.penguinrandomhouse.de/Buch/Das-Buch-der-fuenf-Ringe-Das-Buch-der-mit-der-Kriegskunst-verwandten-Traditionen/Miyamoto-Musashi/Anaconda-Verlag/e593474.rhd
Chris Burton und Hans Christian Meiser
4,95 €
978-3-7306-1053-4

Gewalt- und kriegsgeiles kleines Büchlein, das wirklich niemand braucht.