Das Universum
Kosmologie, Weltraumforschung, Astrophysik und nicht zuletzt Raumfahrt im Allgemeinen und die Reise zum Mars im Besonderen sind in den letzten Jahren zu einem regelrechten Hype geworden. Dahinter stecken natürlich auch massiv Werbung und PR, wollen die entsprechenden Organisationen doch Milliarden Förder- und Steuergelder für ihre Vorhaben bekommen. Hollywood zieht mit und hat in den letzten Jahren das Science Fiction Genre mehr zum Hard SciFi gemacht. Es wird also mehr Wert auf die tatsächlichen Möglichkeiten der Raumfahrt gelegt. Gravity, Interstellar, Der Marsianer oder Aufbruch zum Mond lassen die (mögliche) Wissenschaft weiter in den Mittelpunkt rücken. Nun sind die Zusammenhänge des Universums oder „Was unsere Welt zusammenhält“ alles andere als trivial. Ganz im Gegenteil ist es geradezu „Raketenforschung“. Was schon Erwachsene kaum verstehen, versuchen Lucy und Stephen Hawking seit Jahren einem jüngeren Publikum näher zu bringen. Das gelingt mit „Das Universum“ allerdings nicht immer.Gutes Buch – Falsche Zielgruppe
Um es gleich vorweg zu nehmen: Das Buch ist inhaltlich sehr gut, liest sich zügig und einfach, ist schön illustriert und greift zahlreiche spannende Themen und Fragestellungen auf. Aber, und das ist ein ganz wesentliches „Aber“, ist das Buch ganz sicher nicht „ab 10“ geeignet, wie es empfohlen wird. Wesentliche Begriffe werden nicht erklärt, sondern als bekannt vorausgesetzt, während andere mehrmals erklärt werden. Eine Logik dahinter ist nicht zu erkennen. Manche Artikel sind kindgerecht aufbereitet, andere sind merklich bemüht, scheitern aber an der Aufgabe. „Das Universum“ ist eine Anthologie, was bedeutet, dass Stephen und Lucy Hawking als Herausgeber fungieren und zahlreiche Beträge von Wissenschaftler*innen gesammelt haben. Und wie es dann so ist, können manche gut schreiben und andere eben weniger gut. Das ist ja auch nicht unbedingt eine Kernkompetenz von Nobelpreisträgern. Allerdings ist die Diskrepanz recht nervig. Während die Bücher von Stephen Hawking sehr verständlich geschrieben sind, obwohl sie sich vornehmlich an ein erwachsenes Publikum richten, sind die Sammelbände für Kinder teils weniger gut zu lesen.
Kinder dürften deswegen mehr frustriert als motiviert werden, wobei letzteres ja eigentlich das Anliegen des Buches ist. Für Leseratten, die sich bereits durch zahlreiche Sachbücher gewühlt haben, schätze ich, dass 14 Jahre wohl eher als Empfehlung zutreffen dürfte. Jugendliche und Erwachsene werden jedenfalls noch genug lernen können. Tatsächlich sind manche Beiträge derart herausragend, dass das ein oder andere Problem sehr verständlich erklärt wird. Man muss sich allerdings auch mit einer gewissen Redundanz zufrieden geben. Das liegt wohl in der Natur sich überschneidender Fachbeiträge. Allerdings gibt es auch einige Fehler. Da passt dann mal der Text nicht zur Grafik oder ein wissenschaftlicher Sachverhalt wird auf zwei aufeinanderfolgenden Seiten gegensätzlich wiedergegeben. Da man davon ausgehen kann, dass die Autor*innen wissen wovon sie schreiben, kann dies nur ein Flüchtigkeitsfehler bei der Übersetzung gewesen sein. Für Leser*innen mit Vorkenntnissen spielt das keine Rolle und man korrigiert in Gedanken automatisch. Für die Zielgruppe Kinder ist das allerdings ärgerlich. Mama und Papa dürften in Erklärungsnöte geraten.
Erste Antworten auf erste Fragen
Für meinen Geschmack wird auch zu unkritisch mit den Themen des technologischen Fortschritts umgegangen und der Blick auf die Welt ist doch auch arg amerikanisiert. Man kann Kindern, Jugendlichen und erwachsenen Laien durchaus etwas Kritik zutrauen ohne gleich das Interesse am Thema zu beschädigen. „Antworten auf die großen Fragen der Menschheit“ ist etwas anderes als nur aufzuzeigen, wohin die Forschung geht und was wir bereits wissen. Der ethische Umgang mit dem „was möglich ist“, sollte Fundament der „großen Fragen der Menschheit“ sein.
Wer dieses Buch also für seine Kinder kauft, sollte sich auf einige Nachfragen und Frustrationen einstellen. Für Jugendliche und Erwachsene, die einen einfach geschriebenen Einstieg in „Das Universum“, Zeitreisen, Dunkle Materie und Energie, Leben im Weltraum oder die Zukunft der Menschheit suchen, ist die Sammlung gut geeignet. Wer sich bereits etwas auskennt, vielleicht sogar schon etwas von Stephen Hawking gelesen hat, liest besser bei Neil Degrasse Tyson weiter.
Mehr Informationen inklusive Leseprobe gibt es direkt bei Randomhouse.

Sachbuch / Jugendbuch
cbj
02.11.2020
Hardcover, Illustrationen
432
https://www.randomhouse.de/Buch/Das-Universum-Was-unsere-Welt-zusammenhaelt/Lucy-Hawking/cbj-Kinderbuecher/e579990.rhd
Stephan Matthiesen
20,00 €
978-3-570-17815-7

Guter Einstieg für Jugendliche und interessierte Laien.