Wie Buddha im Gegenwind
Die Erwartungen werden komplett enttäuscht, weil der Titel äußerst irreführend ist. Was Buddha dort zu suchen hat, weiß nur die Marketingabteilung, denn außer ein paar Abreißkalenderweisheiten, kommen tiefgründigere Gedanken nicht vor. Im Gegenteil werden sogar wichtige Erkenntnisse des Buddhismus in den Überlegungen Gabriela Urbans konterkariert. Auch die Suggestion der Weltreise stimmt nicht, da die 22 Länder in unterschiedlichen Zeitabschnitten besucht werden. Und die Kündigung spielt eigentlich auch überhaupt keine Rolle für das Buch oder die Reisen. Letztlich sind es in Buchform gegossene Blogbeiträge. Und so liest es sich auch. Kurze Episoden in „exotischen“ Ländern. Das Abarbeiten der Reise-Bucket-Liste und des Lonely Planet Reiseführers. Jeder hat halt irgendeine persönliche imaginäre Highscore im Kopf. Und wie es sich für Blogbeiträge gehört, sind diese ganz gerne auch mal mit Werbung gespickt (Content-Marketing-Managerin eben). So erfährt man doch recht häufig wie praktisch Google Maps ist. Als wäre das die beste Navigationslösung für Wanderer. Was sie definitiv nicht ist und insofern nur als Werbung verstanden werden kann.Attacke aufs Broca-Zentrum
Ärgerlich oder zumindest irritierend sind einige sprachliche Nachlässigkeiten, die deutlich machen, dass der Verlag an einem vernünftigen Lektorat gespart hat. Das Doppelte-Perfekt mag in der Umgangssprache ja Verwendung finden, in einem Text hat es einfach nichts zu suchen. Und schon gar nicht so oft. Apropos oft. Wenn ich noch einmal das Wort Tuk Tuk lese, schmilzt mein Sprachzentrum. Es gibt so viele mögliche Synonyme und nicht ein einziges wird genutzt. Natürlich ist der Begriff Tuk Tuk irgendwie lustig. Und auf einem Blog, wo jeder Artikel für sich steht, mag das ja auch noch gehen, aber in einem Buch hundertmal Tuk Tuk zu lesen, grenzt an Sprachverweigerung.
Der Sprachstil ist dabei in Gänze recht limitiert mit ziemlich schlichten Sprachbildern (was sich im Laufe der Kapitel deutlich verbessert). Auch das scheint mir ein Überbleibsel des Blogdaseins zu sein. Was im Internet möglicherweise die Leser*innen bei der Stange hält, ist in Buchform einfach langweilig und unpassend.
Diese negativen Aspekte des Buches wiegen leider so stark und trüben das Lesevergnügen so sehr, dass mehr als 3 Punkte nicht möglich sind.
Banale Reiseberichte
Fans des Blogs mögen das natürlich anders sehen und insgesamt war es ja auch recht unterhaltsam, aber es war eben auch nicht im Ansatz das, was ich erwartet hatte und lesen wollte. Es ist schlichtweg ein Reisetagebuch, wie es sie so viele im Netz gibt. Das Alleinstellungsmerkmal ist dann lediglich das Reisen mit Kind. Ganz sicher eine Herausforderung, keine Frage. Aber mich interessieren kluge Gedanken zu den Reisen, Informationen, die über das Beschreiben des Gesehenen hinausgehen. Letztlich ist es hier nur Unterhaltung – ohne bleibenden Eindruck. Wer nicht mehr möchte, dem wird das Buch dann allerdings sicherlich sogar Freude bereiten. Zumal Gabriela Urban authentisch warmherzig ist und sich mit offenem Herz und Geist auf Menschen und Länder einlässt. Das ist dann auch die größte Stärke am Buch.
Das allerdings nicht ein einziger Gedanke zu Nachhaltigkeit oder Ökologie seinen Weg ins Buch gefunden hat, finde ich angesichts unzähliger Flugreisen heutzutage als inakzeptabel. Insgesamt verstärkt es einfach den grundlegenden Eindruck, dass hier jemand seinem Ego aus schlicht hedonistischem Interesse folgt. Vielleicht liegt auch das am Bloggen. Der Blogger ist die Marke und so ist jeder Artikel, jedes Kapitel auch immer Imagebuilding.
Mehr Informationen inklusive Leseprobe gibt es direkt bei Conbook.
Wie Buddha im Gegenwind. Eine Kündigung, 22 Länder und ein besonderer Reisebegleiter.
Gabriela Urban
Premium-Paperback mit Einbandklappen
Verlag: Conbook
Seiten: 320
Preis: 14,95 €
ISBN: 978-3-95889-199-9