Die Brüder Löwenherz
Das Schöne an Bibliotheken ist, dass man immer wieder auf Bücher stößt, die man gegenwärtig überhaupt nicht mehr in der Erinnerung hat oder die man noch gar nicht kannte. Oder wie in diesem Fall, ein Buch, dass ich aus welchen Gründen auch immer, in meiner Jugend nicht gelesen hatte. Dabei hatte ich den Film geliebt. Kein Wunder hatte Astrid Lindgren doch auch das Drehbuch geschrieben.
Plötzlich sehe ich also den Buchrücken von Lindgrens „Die Brüder Löwenherz“ und denke mir, dass wäre doch mal eine angenehme Zwischendurch-Lesung. Und um es gleich vorab zu sagen, die Kinder- bzw. Jugendbücher des Oetinger Verlags sind wunderschön. Tolle Einbände, schweres Papier und wundervolle Illustrationen. So müssen Jugendbücher aussehen.
Die Rückkehr in die Gefühlswelt der eigenen Kindheit gelingt mit dem Buch auch ohne weiteres. Natürlich sind die Bilder geprägt durch die Fernsehbilder der Verfilmung. Aber wie gesagt, trägt der Film Lindgrens Handschrift und das liest man dann auch in jeder Zeile. Der Film ist wirklich sehr sehr dicht am Buch.
Wer wollte damals nicht durchs Kirschtal reiten und Abenteuer mit Krümel und Jonathan erleben? Wer fürchtete sich nicht vor Tengil und Katla. Es ist eine Geschichte von Liebe und Trauer. Von Tod und Hoffnung, von Krieg und Widerstand, von Unterdrückung und Rebellion. Und das alles in einer Geschichte für Kinder und Jugendliche – und wie sich herausstellt ohne weiteres auch für Erwachsene, die kurzweilige Unterhaltung und eine kleine Rückkehr in ihre Kindheit erleben wollen.
Zweifelsohne ist Astrid Lindgren eine der besten Jugendbuchautorinnen aller Zeiten. All ihre Abenteuer enthalten zugleich immer auch Botschaften und Lehren ohne dabei aber aufdringlich zu werden. Im Vordergrund steht die Geschichte und die Unterhaltung. Deshalb sind die Brüder Löwenherz auch unbedingt zu empfehlen.
Noch ein kurzes Wort zum Thema Tod und Selbstmord. Es gibt die Interpretation, dass Krümel und Jonathan gar nicht in Nangijala waren, sondern alles ein Fiebertraum von Krümel kurz vor seinem Tod ist. Das ist eine sehr kluge Interpretation, der man sich als Erwachsener durchaus gerne anschließen möchte. Nur Schade, dass Astrid Lindgren davon gar nichts wusste, denn sie erklärte Jahre später auf unzählige Briefe und Anfragen von Kindern, wie es mit den beiden Brüdern in Nangilima weiterging. Es wäre auch eine Fehleinschätzung des Anliegens von Lindgren gewesen, wenn man es nachträglich als Erwachsenengerecht umdeuten wollte. Es sind zuvorderst Bücher für junge Menschen und Lindgren hat das Thema Tod verarbeitet, so dass Kinder damit konfrontiert werden und es mit ihren Eltern diskutieren können. Eine Forderung, die in der Sozialwissenschaft seit langem besteht. Der Tod, und sei es der Freitod, dürfen nicht verschwiegen werden. Und allein deswegen wären die Brüder Löwenherz schon ein Mustread. Die fantastische Unterhaltung macht es zusätzlich noch zu einem Klassiker.
Astrid Lindgren
Die Brüder Löwenherz
240 Seiten · gebunden
15.8 x 21.0 cm
ab 10 Jahren
EUR 14,90
ISBN-13: 978-3-7891-2941-4
Erscheinungstermin: Februar 1974
Hallo, bis gerade eben ist das Buch bei mir völlig in Vergessenheit geraten. Es stand damals auf einer Liste mit Vorschlägen für uns Kinder in der 5. oder 6. Klasse. Ich habe es geliebt und fand es wunderschön und traurig zugleich. Sehr angemessen und fantasievoll. Die Verfilmung habe ich nie gesehen, aber sie wäre ein Grund, noch einmal in die Geschichte einzutauchen. Oder sich das Buch mal zu besorgen, so etwas Tolles könnte man auch glatt im Bücherregal haben. Danke für das Hervorholen längst vergessener Lektüreerinnerungen!
Mehr als gerne. Und vielen Dank dafür, dass du die erste Kommentatorin bist 😉