Letztendlich sind wir dem Universum egal
Ich lasse mir immer gerne von allen möglichen Bekannten und Freund*innen Buchempfehlungen geben. Der Markt ist einfach vollkommen überlaufen und unübersichtlich. Außerdem kann man eh nicht alles im Blick haben. Ich scanne zwar so ziemlich alle Verlagsnewsletter, aber angesichts der Vielzahl von Neuerscheinungen und unterschiedlichen Genres ist es unmöglich alles angemessen wahrzunehmen. Und so rutschen bei mir vor allem Bestseller und Jugendbücher durch mein Raster. Noch schlimmer natürlich Jugendbücher, die Bestseller werden. Insofern bin ich auch auf Hinweise von begeisterten Leser*innen angewiesen. So war es auch bei David Levithans Letztendlich sind wir dem Universum egal. Sowohl Autor als auch Roman sind völlig an mir vorbeigegangen. Das liegt zu einem wesentlichen Teil allerdings auch an den gewählten Themen von Levithan. Wird sein Schaffen doch schnell mit „LGBT“ gelabelt. Was ich, um es gleich vorweg zu sagen, zumindest in diesem Fall für völligen Quatsch halte. Offensichtlich besteht immer noch ein riesiges Bedürfnis alles, was nicht ins gewohnte Bild passt, sofort als „besonders“ zu markieren.
Was kann Liebe?
Letztendlich sind wir dem Universum egal ist ein phantastischer Roman. Und zwar im Wortsinne. Und tatsächlich mal mit einer neuen Idee. Das ist selten. Wer ein erhöhtes Bedürfnis nach Realismus hat und sich nicht mehr nach Phantasien verirren kann oder denken kann, der wird hier allerdings keinen Spaß haben. Denn der*die Protagonist*in wacht jeden Tag seines*ihres Lebens in einem anderen Körper auf. Und das kann dann eben auch bedeuten heute ein Mädchen und morgen eine Junge zu sein. Heute gesund, morgen krank. Heute reich, morgen arm, schön oder hässlich, dick oder dünn, gesund oder krank. Alles, was das Leben an Freude und Leid eben zu bieten hat. Und genau hier liegt die grandiose Stärke des Romans. Immer unter der Prämisse, dass es sich hierbei um einen Jugendroman handelt. Was nicht bedeutet, dass man den Roman nicht auch hervorragend als Erwachsene genießen kann. Für mich war es geradezu ein Pageturner. Nicht nur, dass die unterschiedlichen Leben auch unterschiedliche Konsequenzen bedeuten, der Hauptstrang entfaltet eine angenehme Sogwirkung. Schließlich geht es hier um die große Liebe. Und da die Hauptfigur 16 Jahre alt ist, bedeutet das natürlich gewisse Teenager-Komplikationen. Also mal ganz abgesehen davon, dass man keinen eigenen Körper hat.
Das Chaos der Liebe und Jugend
Levithan hat viele Aspekte dieser besonderen Geschichte sehr schön durchdacht. So bedarf es spezieller Regeln, um in den Leben der Anderen kein Chaos anzurichten. Diese Regeln geraten selbstverständlich durcheinander, wenn man sich unsterblich verliebt. Wie kann eine Beziehung aussehen, wenn man selbst jeden Tag anders aussieht? Es macht großen Spaß dieser Geschichte zu folgen. Auch wenn ich aus psychologischer Perspektive sagen muss, dass das natürlich hanebüchen ist und so einige Logiklöcher aufweist. Deshalb muss man sich voll und ganz auf die Phantastik einlassen und sie nicht an dem wirklich Möglichen messen. Dann bekommt man einen ganz hervorragenden Jugendroman mit großen Gefühlen und authentischem Teenager-Dasein. Wozu auch der ein oder andere Egotrip gehört. Das mag nerven, aber das ist nun mal definitiv ein ganz elementarer Teil des Erwachsenwerdens. Und da „Letztendlich sind wir dem Universum egal“ viel zu schnell zu Ende war, habe ich dann gleich noch den zweiten Teil gekauft „Letztendlich geht es nur um dich“.
Mehr Informationen inklusive Leseprobe gibt es direkt bei Fischer Verlage.

Jugendbuch / Phantastik
FISCHER Taschenbuch
22.09.2016
Taschenbuch
416
https://www.fischerverlage.de/buch/david-levithan-letztendlich-sind-wir-dem-universum-egal-9783596811564
Martina Tichy
9,99 €
978-3-596-81156-4

Wundervoller, phantastischer Jugendroman.