cover das fuenfzig-jahr-schwert
Kunstbuch:
Mark Z. Danielewski
Preis:
15,- €

Rezension von:
Bewertung:
3
29. Juli 2017
Letzte Änderung:29. Juli 2017

Wunderschönes Buch für Buchkunst-Liebhaber, für alle anderen eher ein Graus

Das Fünfzig-Jahr-Schwert

Mark Danielewskis Das Fünfzig-Jahr-Schwert macht es dem Leser nicht einfach. Entweder man verliebt sich in dieses Buch oder man kann nichts, so wirklich rein gar nichts damit anfangen. Die Rezensionen sprechen da für sich. Für die einen ist Danielewski ein Genie und für die anderen ein Stümper. Ich versuche im Folgenden mal professionelle Distanz walten zu lassen und einen gelasseneren Blick auf das Buch zu werfen. Das fällt mir auch insofern etwas leichter, als dass ich die Vorgängerwerke von Danielewski nicht kenne und nicht zu seiner Fangroup gehöre, die er sich unzweifelhaft aufgebaut hat.

Zum „Fünfzig-Jahr-Schwert“ bin ich gekommen, wie die Jungfrau zum Kinde ((Hey endlich mal zwei Euro ins Phrasenschwein)). Mir war nichts vorher vom Autor bekannt und lediglich das kleine Werbesprüchlein auf der Homepage des Verlages hat mich geködert.

„Spielerisch, lustvoll und unerbittlich treibt Danielewski diese schöne und grausame Horrorgeschichte, die aus fünf Stimmen und fünf Farben gewoben und mit bunt gestickten Bildern geschmückt ist, voran. Immer weiter, bis sie in einem mörderischen Ende die Grenzen jeglichen Genres sprengt.“

Damit nicht genug:

„Das Buch erscheint im Sonderformat, ist vielfarbig gedruckt und besticht durch seine herausragende Gestaltung.“

Kunst. Buchkunst. Das ist doch mal was. Dazu noch eine Horrorgeschichte. Buchliebhaber, was willst du mehr? Vollkommen unvoreingenommen und mit einer ordentlichen Portion Vorfreude ausgestattet, habe ich mich also auf das Fünfzig-Jahr-Schwert gestürzt. Was für eine edle und schöne Aufmachung. Ein ungewöhnlich längliches Format. Schweres, beschichtetes Papier. Ein Umschlag mit zahlreichen Erhebungen (Sterne oder Schneeflocken?), die sich schon fast wie Brailleschrift anfühlen. Und im Innern beginnen sofort die farbigen Illustrationen. Der Text befindet sich nur auf der linken Seite, die rechte bleibt weiß oder enthält die Bilder, Zeichnungen, verwirrenden Linien. Der Text ist minimalistisch auf der Seite verteilt. Es sind nur wenige Sätze pro Seite. Geradezu kunstvoll gesetzt. Es handelt sich ausschließlich um gesprochene Sprache. Die jeweiligen Sprecher sind nur anhand unterschiedlich farbiger Anführungszeichen zu identifizieren. Wunderschön. Und dermaßen unlesbar, dass ich das Buch nach wenigen Seiten vollkommen entsetzt erst einmal zur Seite legen musste. Was für ein Schmarrn soll das denn sein?

Es ist unmöglich, den unterschiedlichen „Protagonisten“ (genau genommen, gibt es gar keine) zu folgen. Es ist unmöglich herauszufinden und dabei zu bleiben, wer gerade spricht. Wer das versucht, kann gleich das Lesen aufgeben. So wie ich. Also kurz recherchiert, was das soll und auf den wichtigsten Tipp für das Buch gestoßen:

Ignoriert die unterschiedlichen Sprecher! Lest den Text einfach so hintereinander weg, als gebe es nur einen Redner!

Und wer das beherzigt, kann plötzlich tatsächlich eine zusammenhängende Geschichte entdecken. Stellt sich natürlich die Frage: Warum hat Danielewski das dann so gemacht? Tja, keine Ahnung. Ich fürchte, der einzige Grund ist, zwanghaft etwas Kunstvolles zu erschaffen. Ich konnte auch in anderen Rezensionen nirgends einen Grund oder auch nur einen sinnvollen Verdacht entdecken, weshalb die Geschichte nicht einfach als Geschichte erzählt wird, sondern als Pseudo-Aussagen-Aneinanderreihung. Ohne Zweifel sieht das gut aus und ohne Zweifel ist das auch Kunst. Nur, Lesen kann man es so leider nicht. Was ja irgendwie ein ziemliches Manko bei einem Buch ist.

Bedenkt man aber nun den Pro-Tipp für Danielewski lässt sich Das Fünfzig-Jahr-Schwert also auch lesen.

Die Horrorgeschichte

Der Inhalt ist schnell wiedergegeben. Denn wie bereits erwähnt, gibt es nicht allzu viel Text in diesem Buch. Wir befinden uns auf einer Party in Texas. Präzise auf einer Halloween-Party. Wie könnte es anders sein. Ausrichterin ist die etwas seltsame Mose Dettledown. Und wenn man so möchte begleiten wir Chintana, eine Näherin und Exfrau von Pravat. Ex, weil sich Pravat wegen einer anderen von Chintana trennte. Und eben diese andere, Belinda Kite, ist nun auch Gast auf der Party. Unangenehm. Aber Belinda hat Pravat mittlerweile auch bereits wieder verlassen. Man könnte sagen, das ist bereits der gesamte Beziehungsaspekt der Geschichte.

Auf der Party befinden sich noch fünf Waisenkinder und deren betreuende Sozialarbeiterin. Wozu die Waisenkinder? Keine Ahnung. Aber es gibt sicherlich einen guten Grund, den ich nur nicht erkannt habe. Jedenfalls soll als Überraschungsgast ein Geschichtenerzähler auftreten. Und was für ein Erzähler das ist.

„‚Ich bin ein böser Mann und habe ein sehr

schwarzes Herz. Und diese Bosheit war’s und diese

Schwärze, die mich zwangen, auf die Suche mich zu

machen nach dem, was ich

„’schon viele Jahre lang

mit mir herumtrage und was ich euch heut Abend

mitgebracht hab.

„‚Weil ihr noch jung seid, will ich

euch erZählen von meiner Suche nach einer Waffe.

Es folgt die Geschichte seiner Suche und natürlich auch seines Findens. Nicht ganz überraschend handelt es sich bei der Waffe um das Fünfzig-Jahr-Schwert. Und was es mit diesem seltsamen Erzähler und dem noch seltsameren Schwert auf sich hat, muss jeder selbst herausfinden.

Ist das Kunst oder kann das weg?

Aus der Perspektive eines Lesers gibt die Geschichte nicht viel her. Es ist sicher keine Horrorgeschichte. Es hat eher etwas von einem Märchen. Und genauso kurz ist es auch. Würde man den Text normal auf den Buchseiten verteilen, hätte man wohl ein dreißig Seiten Büchlein (oder noch weniger?). Wer also ein reines Lesevergnügen wünscht, mit einer spannenden Geschichte und interessanten Charakteren: Finger weg! Das Fünfzig-Jahr-Schwert ist schlichtweg kein gewöhnliches Buch und vor allem kein Roman. Wer das erwartet, wird bitterlich enttäuscht. Man muss das Buch nehmen als das, was es ist. Kunst. Buchkunst. Wer sich darauf einlassen kann, bekommt ein wundervoll aufgemachtes Buch, das zeigt, was ein Buch alles sein kann, jenseits des reinen Geschichtenerzählens.

Ehrlicherweise muss man aber auch sagen, dass das Ganze schon ziemlich erzwungen daherkommt. Das Buch entfaltet keine Leichtigkeit. Die Kunst ist aufdringlich, geradezu vulgär. Hier umspielt die Kunst nicht die Geschichte, hier ersetzt die Kunst die Geschichte. Und das ist für meinen Geschmack zu penetrant. Mich konnte Das Fünfzig-Jahr-Schwert überhaupt nicht überzeugen, zu keiner Sekunde fesseln und ganz bestimmt nicht begeistern. Aber und das ist auch wiederum ein großes Aber: Das Buch hat mich auf Danielewski neugierig gemacht. Ich möchte jetzt seine beiden anderen Bücher, die in Deutschland erschienen sind lesen. Denn auch wenn Das Fünfzig-Jahr-Schwert mir zu sehr abgefeiert wird, so merkt man doch, dass hier ein Liebhaber am Werk ist. Hier will jemand Bücher, Sätze, Worte komponieren. Und ich bin mir sicher, dass ihm das in seinen anderen Veröffentlichungen besser gelungen ist.

 

Mehr Informationen inklusive Leseprobe gibt es direkt bei btb.

 

Mark Z. Danielewski
Das Fünfzig-Jahr-Schwert
Aus dem Englischen von Christa Schuenke
Taschenbuch, Broschur
288 Seiten
Verlag: btb
Preis: 15,- €
ISBN: 978-3-442-71438-4

Erschienen: 10.07.2017

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