cover bios
Science Fiction Thriller:
Daniel Suarez
Preis:
12,99 €

Rezension von:
Bewertung:
5
24. November 2017
Letzte Änderung:24. November 2017

„Im Körper des Feindes“ und „Auf der Flucht“ im grandiosen SciFi Setting

Bios

Der neue Suarez Roman ist ein Actionspektakel in bester B-Movie Manier, mit einem Gegner, der alle James Bond Fieslinge als Amateure erscheinen lässt und zwar alle gleichzeitig. Suarez Bios besticht allerdings weniger mit einer allzu originellen Geschichte als mit einem extrem hohen Spannungsbogen und einer fantastischen Zukunftsvision mit zahlreichen kleineren und größeren Ideen. Wer Suarez mag, wird auch hier wieder beste Unterhaltung bekommen. Lediglich an ein, zwei Stellen muss man dann auch mal die B-Movie Augen zudrücken.

Ausgangspunkt des Plots ist die Welt im Jahr 2046. Eine Welt nach der vierten industriellen Revolution. Synthetische Biologie oder Genmodifikationen haben die Welt verändert. Die alte Weltordnung mit dem westlich-industrialisiertem Zentrum ist in der Bedeutungslosigkeit versunken und mit ihr ist ein unüberschaubares Heer von Wanderarbeiten und Lohnsklaven entstanden. Die Klimaveränderungen treiben weitere Flüchtlinge vor sich her. Das neue Epizentrum ist Asien und hier vor allem Shanghai. Dabei findet kapitalistische Ausbeutung zu ihren Ursprüngen zurück und hält sich eine Armee von Sklaven.

Schöne neue Welt

Zugleich ist es eine Welt der totalen Überwachung. Diejenigen, die noch am Konsum teilnehmen, geben bereitwillig tausende privater Daten frei. Die gesamte Menschheit inklusive der individuellen DNS wird in riesigen Rechnerfarmen kartographiert. Big Data wird aber auch zum Prepolicing genutzt. Kenneth Durand ist ein Data Analyst, der für Interpol die großen illegalen Bio-Engineering Labore entdecken soll. Denn nur eine Handvoll genetische Veränderungen an der Eizelle sind erlaubt, um schwere Erbkrankheiten zu verhindern. Doch der Schwarzmarkt für genetische Modifikationen boomt. Schließlich könnte das Kind etwas schlauer sein oder etwas kräftiger, um sich einen Wettbewerbsvorteil in der brutalen Konkurrenz des Turbokapitalismus zu verschaffen.

Durand ist allerdings etwas zu erfolgreich bei seiner Arbeit und so wird das dominierende Genmanipulations-Kartell auf ihn aufmerksam. Der Mordanschlag auf den Interpolagenten verläuft jedoch nicht nach Plan, was allerdings funktioniert, ist die genetische Umwandlung von Durand in den Anführer des Kartells, den meistgesuchten Mann der Welt. „Im Körper des Feindes“ und „Auf der Flucht“ werden von Suarez zu einem fulminanten Actionfeuerwerk verwoben. Natürlich wirkt dadurch einiges bekannt und vorhersehbar, andererseits ist der gesellschaftliche Rahmen mit seinen technischen Möglichkeiten und Ideen dermaßen fein ausgearbeitet, dass es ein reines Vergnügen ist.

Zugrunde liegt die Idee der postidentischen Gesellschaft. Wenn niemand mehr zu identifizieren ist, weil sogar die Gene veränderbar sind, wie werden dann Verbrecher identifiziert und zur Rechenschaft gezogen? Aufgrund der Totalüberwachung der Gesellschaft, scheint die gentechnische Veränderung geradezu als Abwehr. Wunderbar auf den Punkt gebracht von Suarez:

„Wenn Privatsphäre kriminalisiert wird, haben nur noch Kriminelle Privatsphäre.“

Bios kratzt am Trash

Leider gibt es auch einiges was den großen Spaß und Genre-Mix trübt. So hat Suarez einige haarsträubende Situationen konstruiert, um die Geschichte so vorantreiben zu können, wie es für den Ausgang nötig ist. Da wird auch nicht vor hanebüchenen Szenen schlechtester Actionfilme zurückgeschreckt. Uwe Boll hätte daran vielleicht noch seine Freude, aber eigentlich sollten sich solche krampfhaften Szenen heute erübrigt haben. Da müssen sich reihenweise Polizisten und Spezialeinheiten schon wie die letzten Trottel anstellen, damit der Plot die gewünschte Richtung nimmt.

Zusammen mit dem schon fast ins Lächerliche driftenden Oberschurken, der definitiv besser in einem James Bond Film aufgehoben wäre, müsste das Bios eigentlich die volle Punktzahl kosten. Aber nach Control ist Bios auch wieder ein riesen Schritt nach vorne. Einige Logikfehler spielen für mich dabei auch keine Rolle, da hier die Unterhaltung klar im Vordergrund steht. Ich mag mich täuschen, aber für Muskeln muss man auch mit guten Genmaterial trainieren, oder?

Letztlich ist Bios aber wieder beste Unterhaltung, ein SciFi Thriller mit hohem Tempo und kleineren Spaßtrübungen, der uns zugleich einen Spiegel vorhält, damit wir gefährliche Entwicklungen der Gegenwart wahrnehmen können. Und das Beste ist, das Setting erlaubt locker die ein oder andere Fortsetzung.

 

Mehr Informationen inklusive Leseprobe gibt es direkt bei rororo.

 

Daniel Suarez
Bios
übersetzt von: Cornelia Holfelder-von der Tann
544 Seiten
Verlag: rororo
Preis: 12,99 €
ISBN:  978-3-499-29133-3