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Die letzte Generation

Arthur C. Clarke ist einer der legendären Klassiker der Science Fiction und schon lange Teil der Popkultur. Zahlreiche Memes und T-Shirt-Designs beziehen sich auf den Kultfilm „2001: Odyssee im Weltraum“, der auf Kurzgeschichten von Clarke beruht und an dessen Drehbuch er zusammen mit Stanley Kubrick gearbeitet hat. Er gilt als einer der „Big Three“ der englischsprachigen Science Fiction zusammen mit Isaac Asimov und Robert A. Heinlein. Kurz: Arthur C. Clarke ist eine Institution und Referenz in der Science Fiction Literatur. Und da dies immer noch mein Lieblingsgenre ist, ist es an der Zeit, oder genauer mehr als überfällig, dass Clarke hier Erwähnung findet. Und deshalb habe ich „Die letzte Generation“ aus dem Jahr 1953 gelesen. Und wie zu erwarten ist es ein Meisterwerk; mit einer klitzekleinen Einschränkung.

Die Eröffnungsszene aus „Die letzte Generation“ dürfte vielen bekannt vorkommen, hat sie Roland Emmerich doch zur „Ankunft“ der Aliens in Independence Day inspiriert. „Die glänzenden Monstren, die jenseits der Wolken schwebten…“ positionierten sich über allen wichtigen Großstädten der Erde.

„Die Menschheit war nicht mehr allein“

Mit der Ankunft zahlreicher, riesiger Raumkreuzer verändert sich die Geschichte der Menschheit. Der gesamte technische Fortschritt erscheint obsolet im Angesicht der traumhaften Zukunftstechnologie der Außerirdischen. Im Gegensatz zu Emmerichs Propagandastreifen sind die interstellaren Besucher aber nicht als Eroberer oder gar Zerstörer gekommen. Ganz im Gegenteil verhelfen sie der Menschheit zu ungekannter Blüte der Zivilisation. Friede und Wohlstand entwickeln sich unter der Verwaltung der friedlichen „Overlords“.

Der einzige direkte Kontakt zwischen den extraterrestrischen Wesen und der Menschheit findet allerdings über den UN-Generalsekretär statt. Und auch dieser sieht die Aliens niemals direkt. Niemand weiß also wer oder was sich hinter den Overlords verbirgt. Ein Versteckspiel aus gutem Grunde.

Zu Tode amüsieren

Neill Postman eröffnete 1985 die Frankfurter Buchmesse mit der Rede „Wir amüsieren uns zu Tode“, was zugleich Titel seines 1986 erschienen Buches sein sollte. Zentrale Thesen waren (1985!):

  • „Problematisch am Fernsehen ist nicht, dass es uns unterhaltsame Themen präsentiert, problematisch ist, dass es jedes Thema als Unterhaltung präsentiert.“
  • „Fernsehen wurde nicht für Idioten erschaffen – es erzeugt sie.“

Und 1953 (!) schrieb Arthur C. Clarke als Ergebnis des Wohlstands, den die Overlords brachten und dem technischen Fortschritt, der den Menschen nun viel mehr Freizeit gewährte:

„Wussten Sie, dass die Menschen jetzt im Durchschnitt drei Stunden täglich fernsehen? Bald werden sie überhaupt kein eigenes Leben mehr haben. Es wird eine Vollbeschäftigung sein, die verschiedenen Familienserien im Fernsehen zu verfolgen!“

Clarke nimmt (wie so oft in seinen Romanen) gesellschaftliche Entwicklungen vorweg. Und Postman steht gesellschaftswissenschaftlich Pate. Die Menschen amüsieren sich zu Tode. Bei Postman im übertragenen Sinne und bei Clarke wortwörtlich. Denn während die Menschheit dem Müßiggang frönt, Kunst und Kultur sowie Sport und Vergnügen als Betäubung des ansonsten unspektakulären Dahintreibens nutzen, tritt die Langzeitentwicklung der Menschen unter Beobachtung und Führung der Overlords in ihre nächste Phase.

Die letzte Generation

Nachdem die Overlords die Menschen über Jahrzehnte an ihre wohlwollende Existenz gewöhnt haben, sich sogar mittlerweile, trotz des anfänglichen Schocks bezüglich ihres Aussehens, unter Menschen bewegen, zeigt sich endlich worauf die Anwesenheit der Außerirdischen zurückzuführen ist: Das Ende der Menschheit und die Existenz einer letzten Generation.

Wer Science Fiction liebt, muss diesen Klassiker unbedingt zur Leseliste hinzufügen. Mich begeistert immer wieder, wie Autoren vor 50, 60, 70 oder mehr Jahren weitsichtig die Gesellschaft analysierten und welche Entwicklungen sie vorausahnten bzw. welche gegenwärtigen Fehlentwicklungen sie genial weiterdachten. „Die letzte Generation“ ist gespickt mit zahlreicher Kritik an unterschiedlichen sozialen Phänomenen. Natürlich gibt es wie so häufig in der Science Fiction eine Überbetonung und scheinbar unbegrenzte Begeisterung für das technisch Machbare, aber das Gesamtlesevergnügen ist einfach phänomenal.

Der einzige, oben erwähnte, minimale Kritikpunkt betrifft eine Überarbeitung von Clarke selber. 1989 veränderte er das erste Kapitel, um es aktueller erscheinen zu lassen. Ursprünglich war die Menschheit 1953 auf dem Weg zum Mond. In der aktualisierten Version sind sie auf dem Weg zum Mars und die Zeit wurde ebenfalls nach hinten verlegt. Nicht nur, dass damit ein wenig des ursprünglichen Retro-Feelings verloren geht, passen auch spätere Kapitel nicht zum neuen Zeitrahmen. Denn diese wurden unverändert übernommen. So wird unter anderem erwähnt, dass jemand heimlich Radioempfänger unter der deutschen Besatzung gebaut hatte (ursprünglich natürlich Zweiter Weltkrieg). Das passt nun nicht mehr. Wie gesagt, es ist ein sehr marginaler Kritikpunkt. Mir wäre es dennoch lieber, wenn Werke in ihrem Entstehungszusammenhang bleiben würden.

 

Mehr Informationen inklusive Leseprobe gibt es direkt bei Heyne

 

Die letzte Generation Book Cover Die letzte Generation
Arthur C. Clarke
Science Fiction
01. Dezember 2003
Taschenbuch
288 
https://www.randomhouse.de/Taschenbuch/Die-letzte-Generation/Arthur-C-Clarke/Heyne/e167846.rhd
Else von Hollander-Lossow; neu durchgesehen und vollständig überarbeitet von Bernhard Kempen
9,99€
978-3-453-87534-0

Legendärer Klassiker der Science Fiction. Unbedingt empfehlenswert.