Alexander Horn – Die Logik der Tat
Wir wachsen auf in einer medialen Welt in der Kriminalfälle unterhaltsam aufbereitet werden. Mord, Serienmord und Vergewaltigung werden als Entertainment produziert. Brutalität als Zeitvertreib. Gleichzeitig haben die gezeigten Fälle, die gezeigten Ermittlungsmethoden und der gezeigte Polizeialltag kaum etwas mit der Realität zu tun. Besonders schlimm, weil pseudorealistisch, wird dies seit ein paar Jahren auch noch mit scripted reality oder Infotainment Formaten. Viele Zuschauer*innen verwechseln das filmische Narrativ mit der Realität. Und spätestens seit „Akte X“ ist auch der Beruf des Profilers im Mittelpunkt des Publikumsinteresses, was nicht zuletzt zahlreiche Bücher von (ehemaligen) Profilern aus den USA oder auch zunehmend Deutschland zeigen. Dabei haben diese Bücher eins gemeinsam: sie sind reißerisch, bedienen das filmische Narrativ und stricken so weiter an dem Mythos Profiler. Um dieser Realitätsverzerrung etwas entgegenzusetzen hat Alexander Horn sein Die Logik der Tat geschrieben.
Alexander Horn ist Leiter der Dienststelle für Operative Fallanalyse (OFA), wie das Profiling in Deutschland korrekt heißt, am Polizeipräsidium München. Die deutsche Polizei hat den amerikanischen Begriff Profiling für sich bewusst nicht übernommen, da die Operative Fallanalyse weitaus mehr ist als die Erstellung eines Täterprofils und häufig dieses nicht einmal benötigt. Vielmehr geht es um „in erster Linie ein methodisches Aufarbeiten von Informationen, die Rekonstruktion komplexer Handlungsabläufe und die Interpretation von Verhalten. Der Mehrwert für eine Sonderkommission stellt sich jedoch erst dann ein, wenn es uns gelingt, in der Kombination von Methodik, Hintergrundwissen und angehäuften Erfahrungswissen einen Ermittlungsansatz zu gewinnen.“
Analyse des Falles nicht der Persönlichkeit
Die Logik der Tat durchzieht genau dieser gelassene an der professionellen Polizeiarbeit orientierte Ton. Und das ist äußerst angenehm, vor allem wenn man auch andere Bücher über „Profiling“ oder noch schlimmer „Serienmörder“ kennt. Alexander Horn möchte aufklären, möchte aufzeigen, dass es hier um seriöse Arbeit geht, dass die Fallanalyse ein Handwerk ist, dass sich zwar an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert, vielmehr jedoch auf Erfahrungswissen rekurriert. Vor allem aber ist es also erlernbar und hat nichts mit der besonderen Person des Analytikers zu tun. Fallanalytiker sind (bis auf wenige Ausnahmen) auch keine Psychologen, denn in erster Linie geht es um das Verhalten der Täter, nicht um die Persönlichkeit, welcher nur in bestimmten Fällen eine zentralere Rolle zukommt.
Die Logik der Tat ist aber kein Lehrbuch für angehende (Hobby)Fallanalytiker, sondern ein Sachbuch, dass die Realität der OFA den Leser*innen näher bringen möchte, um das schiefe mediale Bild der „Profiler“ zu korrigieren. Dabei illustriert Alexander Horn seine Arbeit selbstverständlich mit Fällen an denen er gearbeitet hat. Auch die berühmten Fälle des sogenannten Maskenmannes oder des rechtsextremen Terrortrios NSU werden aufgeführt. Aber auch unbekannte Fälle dienen der Verdeutlichung von Horns Ausführungen.
„Genau hier beginnt die Aufgabe des Beraters. Es geht darum, den Blick des Ermittlers zu weiten, Denkmuster in Frage zu stellen und Vorurteile abzubauen.“
Alexander Horns Die Logik der Tat ist ein ausnahmslos gelungenes Sachbuch zur Operativen Fallanalyse. Und das sage ich nicht nur als Laie, sondern dieser Meinung sind auch aktive Fallanalytiker. Denn ich habe das Glück, das eine sehr gute Freundin von mir, seit einigen Jahren als Fallanalytikerin arbeitet und diese hat mir das Buch von Alexander Horn empfohlen. Mehr Qualitätsmerkmal geht aus meiner Sicht nicht.
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Die Logik der Tat. Ein Profiler auf der Spur von Mördern und Serientätern
Alexander Horn
Taschenbuch
256 Seiten
Preis: ab 9,99 €
Verlag: Droemer Knaur
ISBN: 978-3-426-78660-4